Aus tiefer Heimatverbundenheit wurde Kunst PDF Drucken E-Mail Bearbeiten
Geschrieben von: Heike Wernz-Kaiser M.A.
Mittwoch, den 25. Juli 2012 um 09:32 Uhr
Carl Weisgerber: Vom Autodidakten aus der Niederhutstraße in Ahrweiler zu einem der letzten Tier- und Landschaftsmaler der Düsseldorfer Akademie

Wildschweinhatz

Wildschweinhatz

Landschaftsdarstellungen haben immer etwas mit dem Menschen zu tun. Mit den Menschen, die Landschaften betrachten und überwältigt sind von der Schönheit der Momenaufnahme, den Farben des Lichts, der Weite eines Horizonts oder sich gelangweilt abwenden, wenn die Landschaft sich nicht mit ihren Sehnsüchten deckt. Vor allem aber hat Landschaftsmalerei mit dem Menschen zu tun, durch dessen Auge wir den dargestellten Landschaftsausschnitt sehen.Der Maler Carl Weisgerber, 1891 in Ahrweiler in der Niederhutstraße geboren, hat uns eine Vielzahl von Landschaften und Tieren seiner geliebten Heimat hinterlassen, auch wenn er sich immer in der Hauptsache als Tiermaler verstanden hat. Bereits vor seiner künstlerischen Ausbildung an der Düsseldorfer Malerschule 1919 hatte er sich als solcher an der Ahr einen Namen gemacht. Zahlreiche Frühwerke des Autodidakten Weisgerber sind in privaten Sammlungen erhalten geblieben und zeigen bereits, worauf es dem späteren Meisterschüler ankommt und welches Geistes Kind er war.

Kunstgeschichtlich sind die Tier- und Landschaftsmalerei in ihrer Entwicklung eng miteinander verbunden, erst zum Ende der Romantik wurde die heimische Landschaft und in ihr das Tier neu bewertet. Erst mit der biedermeierlichen Kunst wurde das Tier als Einzelwesen wahrgenommen und als selbstständiges Motiv entdeckt, so dass sich auch an den Akademien langsam eigene Tiermalklassen herausbildeten. In Düsseldorf waren es ab den 1880er Jahren die Malerprofessoren Julius Bergmann und ab 1904 Julius Paul Junghanns, die die modernere Tiermalerei dort prägten und ihre Schüler, darunter auch Carl Weisgerber, beeinflussten.

Obwohl Weisgerber zeit seines Lebens mit seinem Lehrer Julius P. Junghanns freundschaftlich verbunden blieb, entwickelte er bei den Tierdarstellungen seine ganz eigene Handschrift. Wesen, Charakter, Natürlichkeit, Sachlichkeit stehen in seinen Arbeiten im Vordergrund, der Mensch spielt so gut wie keine Rolle. Ob der Betrachter in manchen Tierszenen menschliche Parallelen entdeckt, bleibt ihm überlassen. Vordergründige Symbolhaftigkeit oder gar ein verstecktes Moralisieren lagen dem Künstler fern. (Bild: Wildschweinhatz. Untertitel: Wildschweinhatz, das Gemälde wurde 2002 vom Heimatverein Alt-Ahrweiler für die Sammlung des Museums der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler erworben.)

So sind auch seine Landschaften bestimmt durch ein klares Erfassen des Augenblicks, in dem der Maler das Wesentliche des gewählten Motivs festgehalten hat. Wie immer bei Weisgerber drängt sich das Motiv nicht auf. Will der Betrachter erkennen, was in dem Bild eigentlich passiert und warum der Maler es überhaupt gemalt hat, muss er sich etwas Zeit nehmen und in das Bild „hineinsehen“. Die Geschichte eines Buches kann man ja auch nicht am Buchtitel erfassen.

Das abgebildete „Eifelpanorama“ ist derzeit als Leihgabe des Heimatvereins Alt-Ahrweiler im Museum der Stadt zu betrachten und zeigt sehr schön, was gemeint ist. Der Betrachter steht sozusagen mit dem Künstler zusammen auf einer Anhöhe bei Ramersbach und überschaut das Eifelpanorama. Es ist Frühsommer. Gras und Blätter weisen ein frisches Grün auf, die Büsche im Vordergrund blühen. Der Ansitz des Jägers ist leer, es ist Schonzeit. Ein ruhiges beschauliches Bild, so scheint es, wenn sich nicht am Horizont ein Gewitter oder doch zumindest ein heftiger Regen ankündigen würde.

Eifelpanorama

Eifelpanorama, Sammlung des Heimatvereins Alt-Ahrweiler

Typisch für die reinen Landschaftsgemälde Weisgerbers ist die niedere, häufig in der unteren Hälfte der Bildfläche angelegte Horizontlinie, die der Komposition Weite und Großzügigkeit verleiht. Neben den charakteristischen Landschaftsmerkmalen wie Bäumen, Büschen, Wegen stehen vor allem die Elemente Licht und Luft im Mittelpunkt der Arbeit. Es sind die eindrucksvollen Eifelwolken, die dem Bild Spannung geben, es ist das fahle Licht, das entsteht, wenn die Luft sehr feucht ist und dadurch die Strahlkraft des Sonnenlichts gebrochen wird, die die Atmosphäre des Gemäldes bestimmen. Mit dieser Arbeit zeigt sich Weisgerber auch als Schüler des bis heute bewunderten Landschaftsmalers Max Clarenbach, bei dem Weisgerber sein erstes Studienjahr in Düsseldorf verbrachte und der den aufstrebenden Studenten nachhaltig geprägt hat. Wie Clarenbach bleibt Weisgerber unbeirrt von zeitgenössischen Kunstströmungen und Kunsttheorien einer subjektiv sachlichen Wiedergabe von Wirklichkeit bedingungslos verpflichtet. Und wie er malte er über Jahre hinweg gleiche oder ähnliche Motive zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten.Die aktuelle Ausstellung im Museum der Stadt gibt einen Überblick über die Vielseitigkeit des Kunstschaffens von Carl Weisgerber. Ziel der Ausstellung ist es, eine wichtige Erinnerungsarbeit für den heimischen Maler, der in Düsseldorf eine zweite Heimat gefunden hat, zu leisten und ihn für zukünftige Generationen erfahrbar zu machen.

Ein erster Schritt ist mit dem Ende 2011 herausgegebenen Buches „Carl Weisgerber (1891-1968). Tier- und Landschaftsmaler der Düsseldorfer Malerschule“ gemacht worden. Das Buchprojekt wurde vom Heimatverein Alt-Ahrweiler unterstützt und durch den Förderverein für Archäologie und Museumskultur Bad Neuenahr-Ahrweiler (FAM) finanziert. Es ist im Museum oder in den Buchhandlungen der Stadt für 29.90 Euro erhältlich.

Die Ausstellung ist noch bis 28. Juli zu besichtigen. Führungen durch die Ausstellung sind nach Terminabsprache jederzeit möglich.